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Nicht vollständige Lösungen bei Fragen in Bildungsstudien?

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In den letzten Tagen sind wieder Ergebnisse von Bildungsstudien (IQB-Ländervergleich 2012) veröffentlicht worden. Die Süddeutsche Zeitung online veröffentlicht dazu einen Artikel mit dem Titel “Das müssen die Neuntklässler wissen”. Die dort angegebenen Beispielaufgaben laden natürlich dazu ein, sie selbst einmal zu lösen und seine eigenen Kenntnisse dabei zu prüfen.

Ich bin ja froh, dass ich die Matheaufgaben (im Artikel der SZ) doch noch lösen konnte (Wahrscheinlichkeitsrechnung war ja nie so mein Ding…). Die Musterlösung der Aufgabe “Tankanzeige” macht mich allerdings etwas misstrauisch, weil sie (m)eine Lösung nicht berücksichtigt.

Die Aufgabe:

“Der Tank des Autos von Herrn Müller fasst laut Hersteller maximal 55 Liter. Aktuell ist sein Tank noch zu einem Achtel voll. Die nächste Tankstelle ist 60 Kilometer entfernt.

Kann Herr Müller bei einem durchschnittlichen Benzinverbrauch von 7,5 Liter pro 100 Kilometern noch bis zu dieser Tankstelle fahren? Begründe Deine Antwort.”

Die Frage lautet also nur, ob Herr Müller die Tankstelle noch erreicht. Aus der Frage ist für mich aber nicht ersichtlich, wie ich antworten soll, nämlich wie viel Liter Benzin er für die 60 Kilometer benötigt oder wie weit er mit dem Restbenzin kommt.

Erst einmal muss ich wissen, wie viel Liter 1/8 von 55 Liter sind. Das sind 6,875 Liter.
Wenn ich 7,5 l für 100 km brauche, dann komme ich mit 6,875 l etwa 91,67 km weit. Einfacher Dreisatz.
Das reicht also locker, um die Tankstelle zu erreichen. Damit wäre die Frage also richtig beantwortet.

Die Musterlösung sieht meine Antwort allerdings nicht vor, weil sie sich offenbar nur für die Liter interessiert, die für 60 km benötigt werden. Nach dieser speziellen Antwort wird so aber nicht gefragt.

Seit ich das Buch “Je mehr Löcher, desto weniger Käse” gelesen habe, bin ich bei solchen Musterlösungen etwas vorsichtig geworden, weil der Autor in seinem Buch Fälle beschrieben hat, in denen Kinder zu richtigen (=logisch aufgebauten und nachvollziehbaren) Lösungen gekommen sind, die aber nicht im Lehrplan bzw. in der Musterlösung vorkamen und daher von Lehrern nicht anerkannt, sondern als falsch markiert wurden. Und das, obwohl die Lösungen der Kinder mathematisch richtig waren.

Wenn jetzt eine Studie Musterlösungen vorgibt, die andere, ebenfalls korrekte Lösungen nicht berücksichtigt, wie werden dann die Ergebnisse der Schüler ausgewertet? Werden möglicherweise richtige Antworten als falsch gewertet, nur weil sie in der Musterlösung fehlen?

Falls ja, was sagt das dann über die Zuverlässigkeit und Aussagekraft derartiger Studien aus?

Mit einer einzigen, nicht vollständigen Musterlösung lässt sich vielleicht nicht eine ganze Studie beurteilen.
Mein Misstrauen ist aber geweckt.


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